Offene Immobilienfonds gelten als ein solides und stabilisierendes Element in einem Wertpapier-Portfolio. Schließlich kann das Chance-Risiko-Verhältnis im Durchschnitt überzeugen. Anleger mit langfristiger Ausrichtung können von einem mäßigen, aber stetigen Kursanstieg profitieren. Zudem hat der Gesetzgeber die Produkte zusätzlich abgesichert. So müssen beispielsweise mindestens zehn verschiedene Objekte im Bestand enthalten sein, von dem keines zum Kaufzeitpunkt mehr als 15 Prozent des Fondsvermögens ausmachen darf. Beim Thema Nachhaltigkeit waren offene Immobilienfonds nicht unbedingt die Vorreiter. Denn das Thema gestaltet sich komplex. Mit der Einführung der EU-Offenlegungsverordnung nimmt das Thema für diese Kategorie aber weiter an Fahrt auf.


ESG als bestimmendes Investmentthema


Die Bereiche Nachhaltigkeit und ESG (Environment, Social, Governance) gelangen zunehmend in den Fokus der Vermögensverwalter und der Anleger. Diese Dynamik wurde durch die Pandemie weiter beschleunigt. So konnte die bundesdeutsche Fondsbranche für nachhaltige Produkte in den vergangenen Monaten Rekordzuflüsse generieren. Zudem gab es eine Vielzahl von Neuauflagen. Diese Entwicklung beeinflusst auch Immobilienfonds, die sich in der Vergangenheit mit dem Thema schwerer als andere Kategorien taten. Das Berliner Analysehaus Scope befragte kürzlich dazu Vermögensverwalter und erklärte, dass diesbezüglich eine große Einigkeit über die Relevanz des Themas bestehe. Demnach wollen 80 Prozent von 42 Asset Managern in den kommenden zwei Jahren nachhaltige Immobilienprodukte auflegen. Doch die Details werden unterschiedlich diskutiert.


Nachhaltigkeit bei Immobilienfonds fassettenreich


„Während die stetig steigenden Zertifizierungsquoten in den vergangenen Jahren ein erster Beleg für die Nachhaltigkeitsausrichtung der Fonds waren, bestimmen die Taxonomie-Anforderungen und die Offenlegungsverordnung zunehmend die strategische Ausrichtung und damit die Maßnahmen, die notwendig sind, um Immobilienportfolios zukunftsfähig auszurichten“, stellen die Scope-Analysten fest. Die EU-Offenlegungsverordnung ist im März 2021 in Kraft getreten – Asset Manager sind angehalten, die etwaige Nachhaltigkeit der Produkte nachzuweisen und zu kategorisieren. Laut der Berliner Ratingagentur streben die meisten offenen Immobilienfonds eine Einstufung als sogenannte Artikel-8-Fonds an (Integration von ESG-Aspekten im Investmentprozess). Bei sieben OIF konnte diese bereits realisiert werden, darunter befinden sich der Klassiker hausInvest (DE0009807016) als auch der Swiss Life REF (DE) European Real Estate Living and Working (DE000A2ATC31) – beide fokussieren auf Gewerbeimmobilien vorwiegend in Deutschland. Derzeit ist noch unklar, auf welcher Grundlage und in welcher Form ESG-Kriterien in Bezug auf Artikel 8 implementiert werden müssen. Für offene Immobilienfonds ist laut Scope der CO2-Ausstoß der wichtigste Indikator. Diesbezüglich wurden von den Gesellschaften laut dem Analysehaus allerdings nur für 72 Prozent der Objekte Daten zum CO2-Ausstoß zur Verfügung gestellt (bei einem bewerteten Investitionsvolumen von 92 Milliarden Euro). „Dieser Wert hat sich zwar im Vergleich zum Vorjahr (54 Prozent) bereits deutlich verbessert, zeigt aber dennoch, wie sehr das Thema der mangelnden Datenverfügbarkeit die ESG-Ausrichtung und -Strategie beeinträchtigen kann“, so Scope.


Auch das Marktforschungsinstitut EY Real Estate stellt Unzulänglichkeiten bei der Datenlage fest. Laut einer Auswertung fühlen sich nur 44 Prozent befragter Immobilieninvestoren in der Lage, bereits vorhandene Daten als Berechnungsgrundlage für nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten gemäß EU-Taxonomie heranzuziehen. So sehen sich lediglich 23 Prozent der Befragten gut auf bevorstehende regulatorische Anforderungen vorbereitet, 67 Prozent sehen die erforderliche Berechnung nachhaltiger wirtschaftlicher Aktivitäten vor allem wegen fehlender Daten und Systeme auf Portfolioebene erschwert.


Scope: Zertifizierungsquote als Indikation für Nachhaltigkeit


Scope weist darauf hin, dass die die Zertifizierungsquote neben den Vorgaben des Gesetzgebers eine Indikation für die Nachhaltigkeit der Fonds sein kann: „Sie beschreibt den Anteil des Immobilienportfolios, der über eine Green Building-Zertifizierung verfügt. Diese bestätigt gegenüber Mietern und Investoren für einzelne Immobilien die Einhaltung bestimmter Nachhaltigkeitsaspekte.“ Mehr als die Hälfte zertifizierter Objekte bei offenen Immobilienfonds verwenden demnach die Zertifizierung BREEAM. Laut der Ratingagentur hat sich der Anteil der zertifizierten Objekte in den Portfolios betrachteter Fonds signifikant erhöht. Ende 2020 konnten demnach rund 53 Prozent der Fondsobjekte eine Zertifizierung vorweisen (2013: 25 Prozent). Ein ähnlicher Trend sei bei der Gewichtung nach Objektvolumen festzustellen. Keiner der betrachteten Fonds habe seit 2013 einen Rückgang der Zertifizierungsquote verzeichnet.