Nicht tief in der Erde, sondern weit oben im Weltall liegt die Zukunft der Rohstoffindustrie. Daran glauben zumindest Google-Chef Larry Page und Hollywoodlegende James Cameron. Als Geldgeber und Berater unterstützen sie die hochfliegenden Pläne des US-Unternehmens Planetary Resources, das nach den Sternen greift. Besser gesagt, nach metall- und mineralienhaltigen Asteroiden, die ab 2025 im All ausgebeutet werden sollen. Auch wenn die Weltraumambitionen sehr futuristisch klingen, liegen ihnen die richtigen Schlussfolgerungen zugrunde. Die sich weiter industrialisierende Welt benötigt immer mehr Rohstoffe, um den Wohlstand ihrer knapp sieben Milliarden Bewohner zu steigern. Und die hohe Nachfrage wird die Preise der Bodenschätze treiben, sodass sich die Gewinnung von Ressourcen künftig auch an außergewöhnlichen und kostspieligen Orten lohnt. Allein der Verbrauch von Kupfer, eines der wichtigsten Industriemetalle, hat sich zwischen 1990 und 2010 auf rund 18 Millionen Tonnen verdoppelt. Der Preis hat sich im selben Zeitraum mehr als verfünffacht. Und der globale Bedarf an dem hellroten Metall, das im Bau und der Industrieproduktion gleichermaßen gefragt ist, steigt weiter rasant: Denn ohne Kupfer gibt es kein Licht, kein Telefon, kein Auto und keinen Computer. Im Jahr 2050 könnten laut Berechnungen des Fraunhofer-Instituts, die sich mit anderen Studien decken, über 50 Millionen Tonnen Kupfer verarbeitet werden. Auch bei Öl, Gold, Platin, Zink und Weizen zeigen die Verbrauchszahlen wegen der Aufholjagd der Emerging Markets steil nach oben. Für Anleger zahlt sich das aus. Dank des Rohstoff-Superzyklus konnten Investoren mit Bodenschätzen seit dem Jahr 2000 deutlich mehr Gewinn einfahren als mit reinen Aktieninvestments, wie die Wertentwicklung des MSCI-Weltindex zeigt.

Wer in diesem Zeitraum auf Gold gesetzt hat, durfte sich über ein Plus von 450 Prozent, wer Öl im Portfolio hatte, auf eine Vervierfachung seines Einsatzes freuen. Noch besser abgeschnitten haben Rohstoffunternehmen, die in den vergangenen zehn Jahren teils Kursgewinne von etlichen Hundert Prozent brachten. Kein Wunder, dass Banken und Vermögensverwalter verstärkt dafür werben, einen Teil des Vermögens in Bodenschätzen anzulegen. „Zurzeit würden wir für ein ausgewogenes Portfolio rund acht Prozent in Rohstoffen anlegen“, erklärt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege der Deutschen Bank. Andere Empfehlungen gehen sogar von bis zu 15 Prozent Anteil von Rohstoffinvestments am Vermögensaufbau aus.

Starke Korrelation mit Aktien
Doch Vorsicht: Bodenschätze sind trotz optimistischer Langzeitprognosen keine Selbstläufer. Insbesondere die hohe Schwankungsanfälligkeit schreckt viele Anleger ab. Denn die Zeiten, als Rohstoffe sich unabhängig vom Aktienmarkt entwickelten, scheinen vorbei zu sein. So schnell die Notierungen in einer Boomphase nach oben schießen, so heftig folgt der Absturz. 2008 etwa brach der CRB-Rohstoffindex um über 50 Prozent von seinen Höchstständen ein. Im Sommer 2010 konnten sich Öl, Kupfer und Weizen ebenfalls nicht der Panik entziehen. Und auch in den vergangenen Wochen haben viele Rohstoffe gezeigt, dass sie keine Absicherung gegen Unruhen an den Finanzmärkten darstellen. Die große Ausnahme ist Gold, das sich dem Auf und Ab an den Aktienmärkten in der Vergangenheit meist entziehen konnte und daher deutlichen Mehrwert lieferte. Die wachsende Volatilität der Anlageklasse ist neuen Finanzprodukten geschuldet, in die Hunderte Milliarden Dollar privates und institutionelles Kapital geflossen sind. Das Geld wird von den Investoren aber ebenso schnell abgezogen, wie es investiert wurde. „Die aktuelle Risikoneigung der Anleger entscheidet immer stärker über Zu- und Abflüsse im Rohstoffsektor“, meint Markus Steinbeis, Leiter des Fondsmanagements beim Vermögensverwalter Huber, Reuss & Kollegen.

Den bestmöglichen Einstiegszeitpunkt in das Segment zu finden ist daher schwierig. Zumindest sprechen die derzeit verhaltenen Stimmungsindikatoren nicht automatisch gegen ein Engagement. Die Perspektiven im Rohstoffbereich ließen die Anlageklasse insgesamt nach dem Preisrückgang im vergangenen Jahr aus Anlegersicht wieder attraktiv erscheinen, meinen etwa die Rohstoffexperten der LBBW. Das Rückschlagrisiko zumindest ist begrenzt. Einige Rohstoffe notieren weit unter ihren historischen Höchstständen. Die Notierungen von Industriemetallen wie Kupfer und Aluminium sind seit ihren Preisrekorden um bis zu 35 Prozent, Rohöl um 15 Prozent, Weizen sogar um 50 Prozent gefallen. Selbst Gold hat die Risikoaversion vieler Investoren zuletzt zu spüren bekommen. Kostete die Unze (31,1 Gramm) des gelben Edelmetalls im vergangenen Herbst, als die Schuldenkrise in der Eurozone eskalierte, noch knapp 2000 US-Dollar, werden derzeit nur knapp 1650 US-Dollar aufgerufen.

Dennoch sind sich viele Experten sicher, dass die Rally noch nicht zu Ende ist. So rechnet die auf Edelmetalle spezialisierte Beratungsgesellschaft GFMS wegen der weltweit expansiven Notenbankpolitik mit einer steigenden Nachfrage, die den Goldpreis bis Jahresende wieder auf bis zu 2000 US-Dollar treiben könnte. Für wahre Goldfans spielt die Rendite ihrer Investments allerdings eine untergeordnete Rolle. Für sie ist das Edelmetall eine Absicherung gegen alle Unwägbarkeiten des Finanzsystems. Ob Hyperinflation, Währungszusammenbruch oder Wirtschaftskrise — Gold als eigenständige Währung soll in Notfällen helfen. Andere Edelmetalle wie Platin, Palladium und Silber gelten — in unterschiedlichem Maße — ebenfalls als Sicherheitsinvestment, sind aber auch als Industriemetalle gefragt. Daher sind sie deutlich stärker von den Konjunkturaussichten abhängig als ihr großer Bruder.

Aktien als Renditebringer
Noch deutlicher reagiert der Ölmarkt auf konjunkturelle Nachfrageindikatoren und Angebotsrisiken. Aus diesem Grund verharrt der Rohölpreis, wenn auch auf relativ hohem Niveau. Die fünf größten Ölhandelshäuser der Welt gehen davon aus, dass sich der Preis der Sorte Brent bei über 100 US-Dollar je Barrel halten wird. Grund: Trotz der weltweit durchwachsenen Wirtschaftslage steigt die Nachfrage stetig, das Angebot bleibt knapp. Die Notierungen werden außerdem durch die Spannungen im Nahen Osten, der bedeutendsten Ölförderregion der Welt, gestützt. Weniger optimistisch sind Experten für Industriemetalle. Zwar sprechen die mittel- und langfristigen Fundamentaldaten für steigende Notierungen, fallende Kurse in diesem Jahr „sind aber nicht unwahrscheinlich“, meint Steinbeis. Insbesondere die schwächeren Wachstumsraten in den Schwellenländern könnten die Nachfrage kurzfristig dämpfen. Zudem sorgen die gestiegenen Preise für verstärkte Förderaktivitäten bei Metallen wie Kupfer oder Nickel. Besser sind die Aussichten für Agrarrohstoffe, die zu den großen Verlierern des vergangenen Jahres zählen. „Hier sind die spekulativen Anleger beinah vollständig ausgestiegen, daher ist das Verlustrisiko gering und eine Wende nicht unwahrscheinlich“, sagt Steinbeis.

Angesichts der Problematik von sogenannten Rollverlusten bei Direktinvestments in Weizen, Mais und Soja, sollten Anleger die Aktien großer Nahrungsmittelproduzenten nicht außer Acht lassen. Denn sollten die Notierungen wieder anziehen, dürften die Kurse von Konzernen wie Archer Daniels Midland in Schwung kommen. Interessant sind Dividendenpapiere auch im Goldsektor. „Goldminenaktien sind sehr günstig bewertet“, erklärt Eckart Keil, Manager des Mischfonds Premium Pearls. „Sie haben den Preisanstieg des Edelmetalls seit 2011 immer noch nicht nachvollzogen.“ Wer vor allem Rendite sucht und das Risiko nicht scheut, setzt ohnehin statt auf Rohstoffe mit einem Teil des Depotvolumens auf die Minen- und Ölunternehmen. Ihr Vorteil bei haussierenden Märkten: Steigen die Rohstoffnotierungen stärker als die Förderkosten der Unternehmen, erhöht das die Konzerngewinne und sorgt damit langfristig für beträchtliches Kurspotenzial. Das zeigt etwa der breit aufgestellte Fonds JPM Natural Resources, der in zehn Jahren mit Rohstoffwerten rund 450 Prozent gewonnen hat. Das US-Unternehmen Planetary Resources, das sein Glück im Weltall sucht, gehört allerdings nicht dazu. Aus einem einfachen Grund: Es ist bisher nicht börsennotiert.