„Ein Optimist ist ein Mensch, der ein Dutzend Austern bestellt, in der Hoffnung, sie mit der Perle, die er darin findet, bezahlen zu können.“ Dieses Zitat von Theodor Fontane kommt einem unweigerlich in den Sinn, beobachtet man das Verhalten der Anleger in diesen Zeiten. Schritt für Schritt kehrt das Vertrauen in die Märkte zurück. Die Spekulanten scheinen aufgegeben zu haben, auf den Zerfall der Eurozone zu wetten. In Anlehnung an die in den USA geltende Regel „Don’t fight the Fed!“ scheint inzwischen auch die europäische Zentralbank genug Kredibilität aufgebaut zu haben, um gemeinsam mit der Europäischen Politik den Fortbestand des Euro glaubhaft zu machen. Was die EZB in den vergangenen zwei Jahren vollbracht hat, hatten selbst die kühnsten Europhilen nicht zu hoffen gewagt. Und besondere Aufmerksamkeit ist sicherlich der Rede des EZB-Präsidenten Draghi vom 26. Juli 2012 beizumessen, in der er nochmals sehr deutlich machte, dass die EZB bereit sei, „alles“ zu unternehmen, um den Eurozusammenhalt sicherzustellen. „And believe me, it will be enough“ hat gute Chancen, sich dereinst auf der Liste der berühmtesten Zitate wiederzufinden. Die Aktionen der Politik zeigen mehr und mehr Wirkung, die Renditeabstände der europäischen Staatsanleihen gegenüber denen des Bundes haben sich merklich eingeengt, und es ist zu erwarten, dass diese Bewegung sich fortsetzen wird. Dies gilt auch für den Markt der Unternehmensanleihen, wo die Zinsaufschläge sich vermutlich weiter einengen werden.

Doch so günstig sich das Umfeld derzeit darstellt – es gibt noch reichlich Probleme zu lösen. So vor allem für François Hollande, der seinem Land als derzeitigem Titelinhaber „Kranker Mann Europas“ zur Genesung verhelfen soll. Ähnlich wie in Deutschland Ende der 90er Jahre obliegt es nun einem „Sozi“, längst überfällige gesellschaftlich schwierige Reformen durchzusetzen. Diese betreffen vor allem den Arbeitsmarkt und erfordern viel Mut – ist doch davon auszugehen, dass die Umsetzung, zumindest vorübergehend, zu einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit führen muss. Doch gelingt es Hollande, hier mutig voranzuschreiten, hat er eine historische Chance: aus Frankreich wieder eine „Grande Nation“ zu machen.

Kurzvita: Guido Barthels
Guido Barthels blickt zurück auf mehr als 25 Jahre Berufserfahrung an den internationalen Kapitalmärkten und hat sich insbesondere als Rentenspezialist einen Namen gemacht. Seit 2008 ist er Fondsmanager der erfolgreich etablierten Ethna Funds und gestaltet deren aktives Vermögensverwaltungskonzept maßgeblich mit.