Das Video-Interview wurde am 28. Januar 2021 aufgezeichnet. Das Gespräch führten Thomas Soltau und Marco Witteck von FondsDISCOUNT.de.


Thomas Soltau: Herr Kaldemorgen, lassen Sie uns gerne zuerst auf den jüngsten Börsen-Hype schauen: Das Beben um die Gamestop-Aktie hat gezeigt, dass sich die junge Robinhood-Generation in Foren zusammenschließt und versucht, gegen die „böse“ Wallstreet zu agieren. Wir sehen hier vor allem Käufe, nicht Verkäufe – was angesichts der aktuellen Bewertungsniveaus vollkommen verrückt erscheint. In einer größeren Dimension gedacht: Ist das nun der Moment, in dem der Markt brechen könnte?


Klaus Kaldemorgen: Diese Aktivitäten rund um die „Robinhood-Accounts“ lassen sich schon etwas länger beobachten. Hier scheinen sich bestimmte Investoren-Typen in einer Art Kartell zusammenzuschließen, um bestimmte Werte nach oben zu treiben. Das alles hat zuletzt aber eine neue Qualität bekommen. Ich glaube allerdings nicht, dass dies Zeichen für einen insgesamt überhitzten Markt sind. Mit dem Marktsegment, in dem wir uns bewegen, hat das nur wenig zu tun. Daher glaube ich nicht, dass dieses Phänomen das Potenzial hat, den Aktienmarkt als Ganzes zu bedrohen. Ich sehe vielmehr, dass der Aktienmarkt seit geraumer Zeit durch die lockere Geldpolitik am Laufen gehalten wird. Es gab den berühmten Ausspruch „It’s the economy, stupid“. Diese Aussage kann man inzwischen umdeuten in „It’s the money, stupid“. Soll heißen: Die Geldmengen wurden sehr stark ausgeweitet, und dieses Geld muss irgendwo hin. Es nimmt nun nicht den Weg in die Realwirtschaft, sondern fließt in die Kapitalmärkte. Hinzu kommt, dass die Zinsen nahe dem Nullpunkt sind. Ich sehe es ja an meinem eigenen Portfolio: Geld, das infolge von Fälligkeiten frei wird, geht in Immobilien oder in Aktien. Vor dem Hintergrund der meiner Einschätzung nach noch lange lockeren Geldpolitik ist die Asset-Klasse Aktien gegenüber anderen Anlageformen einfach attraktiv. Hier muss man aber aufpassen, nicht zu sehr in spekulative Werte zu investieren. Dies wirft die Frage nach den Technologieaktien auf. Diese sind im vergangenen Jahr im Schnitt etwa 30 bis 40 Prozent gestiegen. Wenn man die Bewertung des Aktienmarkts im Allgemeinen und des Technologiesektors im Speziellen anschaut, kann man allerdings nicht sagen, dass hier eine Blase oder eine Überbewertung zu sehen ist – immer auf den Durchschnitt bezogen. Gemessen am KGV beispielsweise war im Jahr 2000 alles um 70 Prozent teurer als heute. Die Unternehmen haben also heute – und vor allem jetzt in der Krise – auch viel Gewinn gemacht. Deshalb kann ich keine Überbewertung erkennen. Vor allem, wenn man noch das Zinsniveau einbezieht. Natürlich braucht die Wirtschaft aber sozusagen immer auch noch die Karotte – in diesem Fall die Perspektive, dass die Coronavirus-Krise in der zweiten Jahreshälfte einigermaßen in den Griff zu bekommen ist. Umgekehrt führen die jüngst vernommenen schlechten Nachrichten über zu wenig Impfstoff oder über Virusmutationen, dazu, dass einige Marktteilnehmer auf die Bremse treten. Aber dies bedeutet nicht, dass der Aktienmarkt einbricht.


Marco Witteck: Um auf die Geldmengen bzw. die Geldpolitik zurückzukommen: Was wünschen Sie sich denn von der neuen amerikanischen Finanzministerin Janet Yellen und insgesamt von der Biden-Regierung?


Als Investor wünscht man sich eine weiterhin lockere Geldpolitik und dass der Staat viele Schulden aufnimmt, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Krise abzumildern. Janet Yellen ist erfahren genug, um die Finanzmärkte zu verstehen und sie weiß auch, dass wir in dieser Krise stabile Finanzmärkte und auch einen stabilen Aktienmarkt brauchen. Insofern glaube ich, Joe Biden hat gerade mit Janet Yellen einen sehr guten Griff getan und dass die USA unter dem Strich noch besser wegkommen als Europa.


Marco Witteck: Lassen Sie uns nochmals die Dynamik eines Short-Squeeze in Form der eingangs angesprochenen Forenteilnehmer näher beleuchten. Etwas Ähnliches haben wir gesehen, als die Kryptowährungen gestartet sind: Damals waren es ebenfalls vor allem die vorzugsweise jungen Kleinanleger, die in der Masse auf den Zug aufgesprungen sind und die Kurse getrieben haben. Sind solche Flashmobs generell eine Gefahr für die Börse, indem Kurse gepusht oder vielleicht auch in die andere Richtung beeinflusst werden?


Das ist eine gute Frage. Solche Short-Squeezes gab es ja immer mal wieder, etwa bei VW oder – weiter in der Zeit zurück – am Silbermarkt. Insofern ist es nichts Neues, dass sich Investoren – inzwischen auch über Internet-Foren – zusammenschließen. Eigentlich fragt man sich ja eher: Warum erst jetzt und wieso gab es das nicht schon vorher? Ich denke, man muss diese Aktivitäten genau beobachten und auch die Börsenaufsicht muss da gegebenenfalls aktiv werden und Maßnahmen ergreifen, damit so etwas nicht zu Instabilität führt. Ansonsten muss ich sagen, ich würde im Augenblick alles machen, nur keine Aktien shorten.


Marco Witteck: Wir haben in den vergangenen Tagen ein Allzeithoch im S&P 500 gesehen, danach folgten, auch etwa im Dax, Korrekturen, die doch ungewöhnlich waren. Oder waren diese Rücksetzer gesund?


Ich denke, man muss hier die Kirche im Dorf lassen. Ja, wir haben Korrekturen gesehen, aber wir sind zum Beispiel im Nasdaq noch nicht wieder da, wo wir am Jahresanfang waren. Nach diesem wunderbaren Jahresstart musste man damit rechnen. Die Volatilität ist nach oben geschossen – das ist normalerweise ein Warnzeichen, dass konservativere Investoren nicht noch mehr Aktien kaufen. Man hat ja auch gesehen, dass bei den Technologiewerten die guten Ergebnisse einzelner Unternehmen nicht zu starken Kursausschlägen nach oben geführt haben. Insofern sehen wir auch eine Art Mäßigung. Wenn die Volatilität wieder nach unten geht, zeigt dies auch an, dass die konservativeren Anleger mit ihren Umschichtungen weitermachen. Ich zum Beispiel habe mittlerweile einen Aktienbestand, der 55 Prozent vom Fondsvermögen beträgt plus Absicherungen über Indexkontrakte. Damit habe ich mein Risikobudget extrem ausgeschöpft, denn ich bin von der Volatilität des Markts abhängig. Das heißt: Ich muss jeden Tag ausrechnen, ob ich noch Risikobudget zur Verfügung habe, um die Fonds-Volatilität in einem vertretbaren Bereich zu halten. Woran ich im Moment arbeite: Wenn ich schon nicht mehr über Asset-Klassen vernünftig investieren beziehungsweise diversifizieren kann, muss ich über den Aktienmarkt gehen und innerhalb des Aktienmarkts nach Opportunitäten suchen. Und hier gibt es durchaus Möglichkeiten, die noch nicht ausgeschöpft sind. Zum Beispiel ist es nicht mehr sinnvoll, über Regionen zu diversifizieren – es hängt mittlerweile einfach alles zu stark miteinander zusammen. Manche Werte sind sowohl in den USA als auch in Europa notiert. Auch über Indizes oder Sektoren lässt sich das nicht mehr splitten. Viele reden etwa vom Technologiesektor, meinen damit aber teilweise auch Unternehmen, die mit Blick auf den Index im Bereich „Consumer Digital“ zu finden sind, andere stecken im Index für „Communication Services“.


Daher versuche ich, mein Aktienportfolio über bestimmte „Töpfe“ zu diversifizieren. Natürlich ist der größte Topf der größte Wachstumssektor der kommenden Jahre, nämlich die digitale Ökonomie. Bei mir macht das etwa ein Drittel des Portfolios aus. Dazu muss man aber Bereiche nehmen, die damit einigermaßen unkorreliert sind. In den vergangenen Monaten waren das etwa Unternehmen, die mit dem Wirtschaftswachstum stark korreliert sind. Hierzu gehören zum Beispiel Industriewerte und Rohstoffaktien. Ob nun die Wirtschaft in drei, in sechs oder in zwölf Monaten wieder Fahrt aufnimmt, ist dabei nicht so relevant. Wenn es aber soweit ist, werden wir hier überproportional starke steigende Unternehmensergebnisse sehen. Zudem ist der Sektor nicht so anfällig für Bewertungsänderungen, wenn wieder Zinsängste aufflackern. Dann hat man noch den defensiven Bereich, der wiederum nicht stark am Wirtschaftswachstum hängt. Hier kann man beispielsweise innerhalb der Sektoren Nahrungs- und Genussmittel sowie Gesundheit gut diversifizieren. Am interessantesten ist für mich aber Infrastruktur, wo ich aufstocken möchte. Dazu zähle ich etwa den Telekommunikationssektor aber auch Versorgungsunternehmen, von Flughäfen bis zur Müllentsorgung. Hinzu kommen gelistete Immobilienwerte, vor allem im Bereich Wohnimmobilien. Auch wenn diese Unternehmen hie und da durch die Coronavirus-Krise belastet sind, gibt es hier zumindest keinen strukturellen Gegenwind. Diese Unternehmen profitieren im Gegenteil davon, dass das Zinsniveau niedrig ist und bleiben wird. Darüber hinaus haben sie einen stetigen Cash-flow und zahlen auch ordentliche Dividenden. Ich denke, dieser Sektor kommt dem Anleihenmarkt noch am nächsten, nur mit dem Unterschied, dass es hier noch Renditen gibt. Zusammengefasst: Diese Töpfe bieten mir eine Möglichkeit zur Risikodiversifikation bei einer konstanten Ertragsperspektive.


Marco Witteck: Hierzu gleich die Nachfrage: In Ihrem Portfolio haben Sie ja einige sehr ertragsstarke und dividendenstarke Unternehmen. Ist die Dividende der neue Zins? Und was erwarten Sie sich von der diesjährigen Dividendensaison?


Dividende darf kein Selbstzweck sein. Dass dies der neue Zins sein soll, wird ja schon länger propagiert, nur ist es im vergangenen Jahr schief gegangen. Denn gerade Dividendenprodukte lagen acht bis zehn Prozent im Minus. Sich nur auf Dividenden zu konzentrieren, geht daher in die falsche Richtung. Es kommt vielmehr darauf an, Unternehmen zu kaufen, die strukturell keinen Gegenwind haben. Der Nebeneffekt einer hohen Dividendenrendite ist hier natürlich schön, aber nicht notwendigerweise das Kriterium. Ich denke, der Technologiesektor wird weiterhin gute Ergebnisse liefern, allerdings im Vergleich mit dem vergangenen Jahr wird man sich schwertun, diese Wachstumsraten aufrecht zu erhalten. Hier kann es zu Enttäuschungen kommen. Trotzdem bleibt das der Wachstumssektor schlechthin, auch über die Coronavirus-Krise hinaus. Man sollte dabei sein, auch wenn es nicht das gesamte Portfolio einnehmen sollte. Wenn ich zum Beispiel meine Konkurrenten im Mischfonds-Sektor beobachte, haben viele davon die komplette Top-Liga der Technologiewerte gekauft. Die zehn größten Positionen machen hier zum Teil 20, 30 oder gar 40 Prozent des Portfolios aus. Das bereitet mir schon etwas Sorge, denn man kann da kaum noch justieren.


Marco Witteck: Lassen Sie uns gerne auf Ihren Fonds zu sprechen kommen. Dass wir die Schwankung im DWS Concept Kaldemorgen dieses Jahr wieder bei etwa zehn Prozent sehen, wäre das Ziel für 2021?


Das ist korrekt, denn ich habe an meinen Risikozielen nichts geändert. Dass ich im März vergangenen Jahres das Draw-Down-Ziel gerissen habe, ist dem Crash geschuldet, den wir innerhalb von zwei Wochen gesehen haben. Ich wurde immer wieder gefragt, ob ich dieses Ziel ausgesetzt hätte. Darauf habe ich immer mit einem klaren „Nein“ geantwortet. Ich habe eine Überschreitung lediglich toleriert. Die Volatilität im Fonds ist nach wie vor bei etwa 9,5 Prozent und ich lege großen Wert darauf, dass sie nicht über zehn Prozent steigt. Schließlich sind wir mit unserem konservativen Ansatz im defensiven Fondslager angesiedelt.


Marco Witteck: Kommen wir zu einem anderen großen Boom-Thema, der Nachhaltigkeit. Die DWS macht sich stark dafür, in der Rechnungslegung neben rein finanziellen Komponenten künftig auch solche qualitativen Faktoren zu berücksichtigen. Wie bewerten Sie diesen Vorstoß und die Bedeutung nachhaltigen Investierens insgesamt?


Für diese Frage bin ich sehr dankbar. Gerade diese Initiative zur Rechnungslegung ist für viele große Unternehmen notwendig. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass einige Unternehmen, die diesen Nachhaltigkeits-Report nicht erstellen, von den ESG-Engines in die schlechtesten Kategorien eingestuft werden. Das hat zum Beispiel zur Folge, dass der Biotechnologie-Fonds der DWS, an dem mein DWS Concept Kaldemorgen einen ordentlichen Anteil hat, aufgrund solcher Investments zum Teil mit dem schlechtesten Rating „F“ bewertet ist – allein aufgrund der Tatsache, dass die Unternehmen keinen Nachhaltigkeits-Report vorgelegt haben. Damit schießt man meiner Meinung nach etwas über das Ziel hinaus. Denn gerade für kleinere Unternehmen rechnet sich so ein Reporting nicht und hier ist man aktuell eher mit anderen Herausforderungen beschäftigt. Hier sollte man meiner Meinung nach mit gesundem Menschenverstand herangehen, statt solche Titel aufgrund bestimmter Vorgaben gleich auf die „schwarze Liste“ zu setzen.


Marco Witteck: Lassen Sie uns gerne bei Ihrem aktuellen Portfolio bleiben. Ihre größte Position ist aktuell Gold in Form eines ETC Commodity. Dient dies Absicherungszwecken oder wofür nutzen Sie Gold?


Gold ist eine alternative Währung und steht neben den digitalen Währungen und Währungen wie Dollar oder Yen. Am ehesten kann man Gold mit dem Bitcoin vergleichen – beide sind nicht den Notenbanken unterworfen und können somit einen Beitrag zur Stabilität des Portfolios leisten. Gold mit neun bis zehn Prozent in meinem Fonds fungiert somit als Stabilisator. Ich gehe davon aus, dass wir etwa zur Jahresmitte das Thema Inflation kritisch diskutieren und anziehende Inflationsraten sehen werden. Doch ich bin davon überzeugt, dass es – auch wenn die Inflationsraten anziehen – keine Zinssteigerungen oder eine restriktivere Geldpolitik geben wird. Das sollte auch dem Goldpreis helfen. Ich habe mittlerweile eine hohe Short-Position auf 30-jährige US-Anleihen. Das geht in dieselbe Richtung und sorgt dafür, dass ich keine lange Duration im Portfolio habe. Denn wenn wir das Inflationsthema diskutieren, könnte der Markt für langlaufende Papiere unter Druck geraten.


Marco Witteck: Kommen wir zurück zu unserem Heimatmarkt: 2021 ist Wahljahr. Nach einem Sprichwort haben politische Börsen kurze Beine. Was erwarten Sie vor diesem Hintergrund für die Börsenentwicklung?


Auf Deutschland bezogen bereitet mir Sorge, dass die soziale Diskrepanz auch aufgrund der Coronavirus-Krise größer wird. Für die Verlierer wird die Politik etwas tun müssen, sei es in Form eines „Soli“ für höhere Einkommen oder einer stärkeren Besteuerung von Immobilien. Das könnte die Märkte belasten und auch für den einen oder anderen Anleger Konsequenzen haben.


Thomas Soltau: Was würde das für Ihr Engagement am deutschen Markt bedeuten? Bzw. ist eine solche regionale Fokussierung überhaupt noch wichtig – immerhin sind die großen Unternehmen sehr global ausgerichtet und gar nicht mehr so stark vom deutschen Markt abhängig.


Mein Bestand an deutschen Unternehmen ist schon relativ groß. Aber ja, wenn man genau hinsieht, muss man sich fragen, wieviel Deutschland und andererseits wieviel USA tatsächlich enthalten ist. Nehmen Sie beispielsweise die Deutsche Telekom, einer meiner größeren Werte. Oder Linde kann ich in den USA kaufen oder in Deutschland. Und auch bei Bayer muss man sagen, dass das kein deutsches Unternehmen mehr ist. Daher würde ich mich ohnehin eher am Unternehmen selbst orientieren und wie es aufgestellt ist, und nicht an dessen räumlicher Verortung.


Thomas Soltau: Bei den global aufgestellten Unternehmen ist dies gut nachvollziehbar. Gilt das auch für die „zweite Reihe“ im MDax und SDax? Halten Sie sich hier eher zurück?


Ja, hier halte ich mich zurück. Allein schon aufgrund der Liquidität dieser Werte. Als Manager eines mehrere Milliarden schweren Fonds kann ich da nicht wirklich aktiv werden.


Thomas Soltau: Was war Ihr Top-Performer im vergangenen Jahr?


Ein Halbleiterhersteller, ein Immobilienunternehmen und zwei der großen US-Technologiewerte. Defensivere Werte habe ich aufgestockt, beispielsweise einen Energieversorger. Dabei geht es immer auch um eine gute Dividendenrendite und darum, dass ich mit einem Titel meine Nachhaltigkeitsbewertung verbessern kann. Pharmawerte sind aktuell zweischneidiges Schwert. Einige profitieren zwar von der Impfstoffherstellung, gleichzeitig wird der Kurs aber durch den Nachfragerückgang bei vielen anderen Medikamenten gebremst.


Thomas Soltau: Herr Kaldemorgen, es ist schön zu sehen, dass Sie weiterhin „bullish“ gestimmt sind und sozusagen die antizipierte Unterstützung durch die Notenbanken nutzen. Jetzt sind Sie ja schon länger im Markt. Wenn Sie zurückblicken: Gab es zurückliegend schon einmal die Situation, dass die Notenbanken bereits vor einer Krise aktiv geworden sind?


Nein, die Situation die sich seit März vergangenen Jahres darstellt, ist tatsächlich neu. Die Notenbanken zeigen hier einen Lerneffekt aus den vorangegangenen Krisen. Wobei es bislang die Notwendigkeit von Sanktionen gab – dies hat man angesichts der aktuellen Krise so nicht. Die Notenbanken können vielmehr frei agieren mit der Zielsetzung, die Volkswirtschaften vor einem Kollaps zu schützen. Die Kombination aus expansiver Fiskal- und Geldpolitik hat auch Konsequenzen für den Kapitalmarkt: Wer jetzt Anlagekapital hat, wird überproportional bevorzugt. Wenn man Geld anlegt, fließt das Kapital dahin, wo die höchsten Renditeerwartungen bei konstantem Risiko gegeben sind. Neben dem Aktienmarkt ist das der Immobilienmarkt. Um diese Bevorzugung bestimmter Marktakteure abzuschwächen, könnte die Politik steuerliche Maßnahmen ergreifen.


Haben Sie vielen Dank für das anregende und interessante Gespräch!


Zur Person: Klaus Kaldemorgen gilt als einer der renommiertesten Fondsmanager Deutschlands. Der studierte Volkswirtschaftler ist seit 1982 bei der DWS und verantwortet den 2011 aufgelegten Multi-Asset-Fonds DWS Concept Kaldemorgen (Zum Chartvergleich unter ISIN: LU0599946893).