Große Fondsgesellschaften müssen zahlreiche Fonds platzieren, um einer möglichst großen Zahl von potenziellen Anlegern eine breite Produktpalette anbieten zu können. Auch das Fondsmanagement muss – je nach Gesellschaft und Produkt – bestimmte Leitlinien und Strategien verfolgen, die manchmal wenig Spielraum für Kreativität bei den Investments übrig lassen. Dieser Umstand kann bei Anlegern und Fondsmanagern gleichermaßen zu Unzufriedenheit führen, die den Bedarf nach kleineren, flexibleren Gesellschaften steigen lässt.

Weitere Beiträge der Serie über Fondsboutiquen:
Teil 1: Die neue Welt der Fonds-Boutiquen
Teil 2: Mandarine Unique: Die Perlentaucher
Teil 3: Quantex Global Value Fund schlägt die großen Namen
Teil 4: MainFirst Interview: Multi-Investment-Boutique ohne Grenzen
Teil 5: Compliance erzeugt hohen Anpassungs-Druck
Teil 6: Die Bedeutung von Fondsboutiquen wird zunehmen (Interview)
Teil 7: Absolute Return mit Risikoprämien – Alternative zu herkömmlichen Mischfonds:

So bemühten sich seit den neunziger Jahren kleinere Vermögensverwalter sowie Aussteiger bei großen Fondsgesellschaften um die Gründung kleinerer Private-Label-Fonds, die sich durch mehr Kreativität und Flexibilität in der Anlagestrategie auszeichnen. Die Vermögensverwalter sind meist auch die Initiatoren der Private-Label-Fonds. Zunächst erschienen diese wie Aushängeprodukte in den Schaufenstern der großen Gesellschaften wie Universal, LRI Invest und LBB. Diese setzten die Konzepte meist eins zu eins um, wenn sie von der Arbeit des Fondsmanagers überzeugt waren. Der Sprung einiger Fondsmanager in die Selbstständigkeit hat zur Entwicklung von Fondsboutiquen beigetragen, in denen solche Anleger fündig werden, die auf der Suche nach etwas ausgefalleneren Strategien für ihre Investments sind.

Aktives Management abseits des Mainstreams
Bei Fondsboutiquen – seltener auch als Fonds-Shops bezeichnet – handelt es sich um eine noch relativ junge, alternative Form des Vertriebs für Investmentprodukte. Sie konnten in den vergangenen zehn Jahren an Bedeutung gewinnen, weil sie sich den starren Regeln und Vorgaben der großen Fondsgesellschaften entziehen. Fondsboutiquen zeichnen sich zudem dadurch aus, dass sie meist kleine, inhabergeführte Investmenthäuser sind. In dieser Sonderstellung liegt ein besonderer Vorteil: Im Gegensatz zu gut laufenden Fonds großer Gesellschaften werden kleine Unternehmen meist nicht mit Anlegergeldern überschüttet. Ein zu großer Herdentrieb kann nämlich die Auswahlmöglichkeiten des Fondsmanagements einschränken, wenn das Fondsvolumen zu stark anwächst. Der Verlust von Flexibilität kann dann zu Lasten der Performance des Fonds gehen.

Die Einzigartigkeit ist das Markenzeichen einer Fondsboutique. So überzeugen ihre Fondsmanager durch ihre Persönlichkeit und ihre Anlagestrategie, die meist auf einer bestimmten Kernkompetenz beruht. Ein gutes Beispiel ist die Fondsboutique Mandarine Gestion, die mit ihrem Fonds Unique Small&Mid Caps Europe überdurchschnittliche Renditen erzielt (mehr dazu erfahren Sie im zweiten Teil unserer Serie über Fondsboutiquen).

Die Boutiquen sind in ihrem Asset Management sehr aktiv, genehmigen sich gern große Freiräume und scheuen vor Investments in Nischenmärkten nicht zurück. Die freien Fondsmanager orientieren sich selten an einer Benchmark, sondern investieren in Branchen und Einzelwerte, die für sie besonders viel Potenzial für Wachstum aufweisen. Dadurch weisen Produkte aus Fondsboutiquen meist eine geringe Korrelation zu Mainstream-Fonds auf.

Weitere wichtige Fondsboutiquen in Europa sind Comgest (Fondsboutique des Jahres 2015) sowie FvS und C-Quadrat. Auch Carmignac Gestion wird oft als Fondsboutique bezeichnet.

Tipp: Risiko kontrollieren mit Core-Satellite-Strategien
Fondsboutiquen können mit ihren speziellen Anlagestrategien ein erhöhtes Risiko eingehen, weil sie sich nicht an die Richtlinien einer übergeordneten Fondsgesellschaft halten müssen. Trotzdem können sie mit ihren Produkten im Rahmen von Core-Satellite-Strategien jedes Anleger-Portfolio gut ergänzen. Der Sinn hinter so einer Strategie ist es, einen möglichst großen Teil des Portfolios in den sogenannten „Kern“ (englisch: core) zu stecken. Dabei kann es sich um einen breit diversifizierten Mix von Assets mit defensiver Ausrichtung handeln. Dafür können sich passiv gemanagte ETFs oder Spezialfonds eignen. Ein kleinerer Teil des Portfolios wird in die sogenannten „Satelliten“ angelegt, das können Produkte sein, bei denen man ein größeres Risiko in Kauf nimmt, um eine höhere Rendite zu erzielen. Bei den Satellites kann auf Produkte aus Fondsboutiquen zurückgegriffen werden.


Wo liegen die Unterschiede zwischen Fondsboutiquen und großen Investmenthäusern? Mit dieser Frage befasst sich die Expertenrunde von Mein Geld TV.